Donnernder Lärm zum Schluß
3. Tag des Provinzlärm-Festival 2013 Provinzlärm, das Neue Musikfestival in der Eckernförder startete am Abschlusstag nochmals richtig durch. Nachmittags erfreute das polnische Vokalensemble „Il Canto“ mit zwei gesungenen historischen Messen. Bartłomiej Pękiel († 1670) „Missa Brevis“ und Marcin Leopolita (um 1540 – 1589) „Missa Paschalis“ wurden als klar und rein gesungener Kontrapunkt zu dem sonst ja eher zeitgenössischen Programm gesetzt. Absolut modern im wörtlichen Sinne ist Prof. Gerald Eckert, Komponist aus Eckernförde mit derzeitigen Arbeitsplatz in Korea. Sein Werk von 2011 „Nen X“ für Tanz, Violoncello und Elektronik wurde auch von ihm am Cello interpretiert. Dazu kam eine ganz andere Interpretationsart: Mikael Honnesseau tanzte sehr eindrucksvoll im abgedunkelten Raum die Klänge und brachte damit eine dritte Dimension in die an sich schon sehr beeindruckende Musik. Der Anfang des abendlichen Schlusskonzert gehörte denjenigen die den Provinzlärm so begeisternd eröffneten: Das Ensemble Kwartludium aus dem Partnerland Polen. Temperamentvoll eröffneten sie mit Witold Lutosławski „Subito“ für Violine und Klavier. Das dieses druckvolle Formation es auch etwas ruhiger kann, zeigten sie in einer meditativen Improvisation. Ihren diesjährigen Auftritt rundeten sie dem Werk „rope of sands“ (2009) von Sławomir Wojciechowski gekonnt ab. Der Rest des Abend gehörte dem ensemble reflexion K, einem Solo -und einem „Halbgast“. Zunächst gab es eine „Uraufführung der 2. Fassung“ von „mobile elements“ (2012) von Joanna Wozny in der die internationale Gruppe mit Wurzeln in Eckernförde nochmals ihre Weltklasse bestätigte. Als Solistin aus dem Ensemble Reflexion K lies die Saxophonistin Wardy Hamburg schier Unmögliches erklingen. Tristan Keuris „Canzone“ forderde die charmante Musikerin und ihr Altsaxophone ungemein. Ihr meisterliches Spiel wurde mit einem lange anhaltenden Applaus des Festivals Publikums zu recht belohnt. Der Schluss des Abends, des Konzerts und des diesjährigen Provinzlärm Festivals wurde donnernd, tösend, und die Grundmauern der ehrwürdigen St.-Nicolai-Kirche erschütternd zelebriert. Der langjährige Schlagzeuger Percussionist des ensemble refleion K, Johannes Fischer, ist inzwischen Prof. an der Musikhochschule Lübeck. Mit fünf Studenten zusammen hatte er sich Iannis Xenakis „Persephassa“ (1969) für 6 Schlagzeuger vorgenommen. Jede freie Fläche im Kirchenraum war mit ausladenden Schlagzeugaufbauten gefüllt. Das vorgewarnte Publikum (Beatrix Wagner: „Sie dürfen sich ruhig die Ohren zuhalten, es wird laut“) erlebte einen ungeheuerlichen Dynamikumfang. Sechs Schlagzeuger können auch relativ zart, mit Glöckchen und feinen hohen Tönen, aber meistenteils und begeisternd, schmetterten die rhythmischen Kaskaden durch das ehrwürdige Kirchenschiff. Die alte Orgel fürchtete um ihre klangvolle Hausmacht und eventuelle Spinnweben wurden von der Decke gerüttelt. Musikalisch interessant und durchaus kein spektakulärer Spielkram hatte das Werk von Xenakis auch seine spielerischen Seiten. Furiose Trommelwirbel von Schlagzeug zu Schlagzeug weitergetrieben, stellten Kinorundumsound klar in den Schatten. Immer wieder liessen atemanhaltende Pausen die Spannung wieder ansteigen um dann in einer Salve von höllischem Sound sich erneut zu entladen. Teuflisch gut, wohlgemerkt. Mit diesem Prvinzlärm im wörtlichsten Sinne verabschiedete sich das Festival. Der lange, sehr lange, stehend dargebrachte Applaus galt bestimmt (und verdient) auch der Gesamtveranstaltung und nicht nur den jungen Schlagzeugern. Die Eckernförder Fans der Neuen Musik müssen sich bis zum 24. Mai gedulden, dann präsentiert ihnen das ensemble reflexion K wieder neue Töne …