EZ: Don Quijote in der Säule

Don Quijote in der Säule

Eckernförde
iteratur ist zum lesen, so glaubt man. Weltliteratur fasziniert über Generationen. Eines der bedeuteten Bücher der Weltliteratur ist der Roman über „den sinnreichen Junker Don Quijote von la Mancha“, aus der Feder des Spaniers Miguel De Cervantes (1547-1616). Die Eckernförder Künstlerin Marianne Tralau hat sich mit diesem Klassiker auf ganz eigene Art auseinandergesetzt. Seit gestern ist in der Galerie 66 auf dem Baltic Sea International Campus (BSIC) ihr „Literaturobjekt 4“ zu erleben. Die Abenteuer des fahrenden Ritters sind in verblüffender Art illustriert. Nicht mit dem Inhalt hat sich die bekannte Eckernförder Gestalterin beschäftigt, sondern mit der Form als solcher: dem Buch. Mit Hilfe von 2.090.398 Buchstaben Nudeln, wie sie handelsüblich für schmackhafte Suppen zu erwerben sind, gestaltete sie die ganze Geschichte nach. Allerdings: der Tralausche Don Quijote enthält genau die selbe Buchstaben Anzahl wie die Übersetzung von Ludwig Braunfels, die nach dem Krieg in Stuttgart erschien (und derzeit immer noch bei Artemis & Winkler in edler Aufmachung zu erwerben ist), aber die Anordnung ist eine willkürliche. In einer edlen Säule aus Eichenholz und Glas sind die Buchstaben wild und zufällig durcheinander genudelt und werden so zu einem äußerst reizvollen visuellen Objekt. In der rund 150 cm hohen Säule befinden sich knapp 88 Kg Buchstabennudeln – das Abbild der 1.019 bedruckten Seiten der Originalausgabe. „Soviel Buchstabennudeln kann man nicht im Laden kaufen“ berichtete Marianne Tralau. Mit Hilfe der Mitarbeiter des BSIC wurden die Massen direkt bei der Fabrik geordert. Die ließ die Produktion extra für das Kunstwerk starten: soviel Nudeln werden in ganz Deutschland normalerweise nicht auf einen Schlag verkauft. Die edle Säule erbaute der Barkelbyer Tischler Jörg Thietje nach den genauen Angaben der Künstlerin. Für diese ist es bereits das dritte Literaturobjekt in dieser Art. Ein Gedicht von Rilke hinterlässt nur ein sparsames Häuflein Buchstabennudeln, das sich mühelos sogar wieder in die richtige Ordnung bringen lässt. „Die Geschichte der O.“ ein Klassiker der erotischen Literatur, wir in der Tralauschen Version absolut jugendfrei und museal tauglich. Voranschreitend wollte Marianne Tralau nun ein umfangreicheres Werk der Weltliteratur auf ihre Art um- oder aufbereiten. Marcel Proust „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ wurde von ihr bereits durchgearbeitet und -gezählt,- denn die Findung der Buchstabenmenge ist eine komplizierte Zählarbeit mit Konzentrationszwang, als sie bemerken musste, das die Herstellerfirma die Größe der Nudeln beträchtlich erhöht hatte. „Das Proustsche Hauptwerk wäre raumfüllend geworden“ erkannte die Gestalterin und wandte sich dem inhaltlich zwar genauso hervorragenden, aber äußerlich doch etwas bescheideneren Werk des Spaniers zu. Die Befüllung der Säule mit den vielen zierlichen Nudeln, die in kleine 250g Tütchen wie sie in den Supermärkten präsent sind, verpackt waren, wurde in Anwesendheit der Presse und einiger spontaner Gäste in der Galerie 66 gemeinsam besorgt. Galerist Falko Windhaus freut sich über den Zuwachs in seiner aufstrebenden Galerie: „Nach dem Glasbuch von Seontae Hwang ist dies ein weiteres Werk, dass sich dem Thema Literatur auf eine eigene Art annähert.“ Natürlich kann das Werk auch käuflich erworben werden. Für rund 5.000 Euro bekommt der Käufer plastische Kunst, Literatur und eine nicht ganz ernsthafte Reserve an Lebensmitteln auf einen Schlag.(Markus Feuerstack)