Lebendiger Märchenabend

Geschichten für Erwachsene
Valentinstag, mitten in der Woche. Der kleine stimmungsvolle Raum des „Figurentheater im Kabuff“ ist rammelvoll. Lauter erwachsene Menschen lauschen einer zierlichen Frau. Susanne Söder-Beyer von Beruf Märchenerzählerin erzählt mit viel Temperament von Männer und Frauen und den immer wieder verbindenden Thema: Der Liebe.
Die Märchenerzählerin im festlich eleganten roten Kleid fängt mit dem absoluten Anfang an: Der Schöpfergott hatte den Mann erschaffen und gesellte ihm eine Frau dazu. Erlesenste Zutaten benutze er, aber Adam reklamiert und bittet Gott, die ihm zugedachte Gefährtin wieder zurück zunehmen. Sie nervt ihn. Gott kommt dieser Bitte nach. Wie es dann dazu kam, dass die Menschheit doch entstehen konnte, berichtet Susanne Söder-Beyer mit schalkhaften Humor. Sie berichtet auch aus orientalischen Geschichten, in denen Männer und Frauen im Wettstreit über die List und Klugheit sich messen und nach etlichen raffinierten Verwicklungen, das auserwählte Paar sich doch noch findet.
Nicht nur aus fernen Gestaden und sehr alten Zeiten stammen die Märchen und Geschichten, auch aus Kochendorf und und in unserer Zeit spielend, gibt es hörenswertes zu berichten. Der Autor Nicolaus Kessener, der selbst schon als Vortragender im Figurentheater aktiv war, schrieb über ein alterndes Paar. Während der Mann sich mehr für eine Übertragung seines Fussballvereins zu interessieren scheint, bereitet sich seine Gattin auf ein festliches Klassentreffen vor. Natürlich schweifen ihre Gedanken in die Vergangenheit, als sie wild und gekonnt tanzten und die Liebe mächtig funkelte. Nun haben sie erwachsene Söhne und jeder geht seinen eigenen Interessen nach. Aus der alltäglichen Tristesse mit unerfüllten Hoffnungen und eingeschliffenen aneinander vorbei leben, entwickelt sich ein anrührendes Happyend. Ohne moralischen Zeigefinger wird klar: Liebe ist keine Frage des Lebensalters. Eine bezaubernde und sehr nachvollziehbare Erzählung, die durch den freien Vortrag noch viele feine Nuancen erfährt. Mancher der angegrauten Zuhörer wischt sich beim Klatschen beiläufig über die Augen….
Die Märchenerzählerin lässt jede Gestalt lebendig vor den Augen der gebannt lauschenden Zuhörer auferstehen. Sie wandelt ihre Stimme, und wenn, wie in einer „Erwachsenenfassung“ eines Märchens der Gebrüder Grimm sie von der bösen Hexe berichtet, die der jungen Liebe gehässig im Wege steht, dann funkeln ihre Augen und sie nimmt die knöchrige Gestalt der hässlichen alten Frau an. Den Zuhörern schauert es. Aber das junge und hübsche Mädchen sing ein melancholisches Lied und schon breitet sich eine ganz andere Stimmung im Raum aus. Auch dieses Märchen steuert auf ein glückliches Ende zu.
Nach jeder Geschichte, es sind auch gekonnt aufbereitete Anekdoten darunter, spielt der jugendliche Musikus Benjamin Schulte auf den Akkordeon ein kleines Musikstück. Allzu bald verbeugen sich die beiden perfekt zusammenagierenden Akteure, aber das Publikum lässt sie so nicht ziehen. Erst nach einer weiteren leicht frivolen jüdische Geschichte und noch einer Kostbarkeit auf dem Akkordeon endet die Vorstellung. Faszinierend wie die alte Kunst des Erzählens ganz moderne Zuhörer in ihren Bann zu ziehen vermag. Welch mächtige Bilder in dem kleinen Raum des Figurentheaters entstehen und gestandene Männer und Frauen beim zuhören sichtlich berührt werden. Schön das es grosse kleine Kunst noch gibt! (fst)
Bu: Märchenerzählerin Susanne Söder-Beyer mit der Gastgeberin Klara Korn auf dem Schoss

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